Windkraft im Wald: Beton und Naturerhalt

Passt beides zusammen oder muss man sich entscheiden? Die Windenergie erlebt gerade den größten Boom in der Geschichte Deutschlands. In Deutschland sind nach Angaben der Bundesnetzagentur rd. 30.620 Anlagen mit einer Leistung von 72.700 MW in Betrieb (Stichtag: 31.12.2024). 2024 haben die Behörden bundesweit etwa 2.400 weitere Windräder genehmigt mit einer Gesamtleistung von etwa 14.000 MW. Das sind 85% mehr als 2023. Klar ist: Deutschland benötigt den Ausbau von erneuerbaren Energiezweigen, u.a. Windkraft, in den derzeit unruhigen Zeiten, geprägt durch den russischen Überfall auf die Ukraine.

Aktuell führt Nordrhein-Westfalen den Windkraftausbau in Deutschland an. Die schwarz-grüne Landesregierung nannte beim Amtsantritt im Juni 2022 das Ziel: 1.000 zusätzliche Windkrafträder bis 2027. Der Kreis Höxter hat nach der Fachagentur Wind und Solar im Jahr 2024 einen Zuwachs von 132 Neuanlagen genehmigt. Das sind mehr Genehmigungen wie in Bayern und Baden-Württemberg zusammen.

Allerdings ist die Standortfrage von Windkrafträdern enorm wichtig, da damit auch Nachteile verbunden sind. Bis zu 90 Meter lange Rotorblätter, schwere Turmsegmente und Narben müssen mit etwa 15 Sondertransporten zu den Standorten gefahren werden. Das ist nur auf breiten Zuwegen möglich, die u.a. durch Baumfällungen geschaffen werden müssen. Hinzukommen: Schattenwurf und Geräuschbelästigung bei naher Wohnbebauung, teilweise Tötungen von Vögeln (Schreddern durch Rotorenblätter), große Massen von Betoneinbringungen in den Boden (z.T. 30 Meter tief) für die Fundamente, stabile Wege zum Transport der Baumaterialien, der Bauteile und betonierte Kranstandorte für mögliche Reparaturen von Windkraftanlagen. Teilweise kann Abhilfe geschaffen werden, u.a. Warnvorrichtungen für Vögel, damit sie den Rotorblättern ausweichen. Der Betoneinsatz ist jedoch unerlässlich, u.a. aus Sicherheitsgründen für die Standfestigkeit der Windräder. Das bedeutet eine großflächige und z.T. tiefe Versiegelung von Böden. Jeder weiß: Wo Beton eingebracht wird, wächst nichts mehr. Dennoch, teilweise müssen diese Nachteile in Kauf genommen werden, um den Ausbau der erneuerbaren Energie voranzutreiben. Windkraftanlagen im Wald sind allerdings besonders in den Blick zu nehmen.

Windkraft: Naturverträglicher Ausbau

Windkraftanlagen wurden bislang vorwiegend im Offenland gebaut, auf Äckern und Wiesen. Nun verbreitet sich die Idee vermehrt Windkraftanlagen in die Wälder zu bauen, da diese sowieso geschädigt und kaputt sind. Der Bundeswaldbericht belegt in Folge erschreckende Fakten für den Deutschen Wald: Nur jeder fünfte Baum ist laut Bundeslandwirtschaftsministerium noch gesund. Als wichtigster Klimaschützer funktioniert der Wald seit sieben Jahren nicht mehr, im Gegenteil. Der Wald kann kein CO2 mehr speichern, er produziert aufgrund seiner Schädigungen vermehrt CO2. Die von der Bundesregierung einberechnete Klimaschutzfunktion des Waldes als Gegenmaßnahme zum Stoppen oder Verlangsamen des Klimawandels funktioniert nicht mehr.

Die logische Konsequenz wäre ein sofortiger, umfassender, nachhaltiger Waldschutz, damit sich durch natürliche Naturverjüngung, durch das Wachsen von kleinen Bäumchen, der Wald in den nächsten Jahrzehnten erholen und seine Klimaschutzfunktion wieder erfüllen kann.

Aufgrund von forstwirtschaftlichen Fehlentwicklungen in der Vergangenheit (u.a. Fichtenmonokulturen) sind große Waldvernichtungsflächen, sogenannte Kalamitätsflächen entstanden. Hier könnten nun Windkrafträder gebaut werden, so lauten Ideen für den kranken Wald, paradoxerweise.

Das vermehrt Windkraftwerke in Waldregionen entstehen sollen, wirft viele Fragen auf. Anversiert für zahlreiche Windkraftanlagen sind Waldregionen, u.a. der Reinhardswald in Hessen und solche, die kürzlich zur Auswahl für die Ausweisung zu einem Nationalpark standen, wie der Teutoburger Wald/Eggegebirge als „Nationalpark Egge“. Wälder, die als mögliche Nationalparkgebiete geeignet gewesen wären, sollen nun zu „Windkraftwälder“ werden?  

Dorothea Epperlein Waldexpertin von Greenpeace sagt dazu: „“Wir brauchen erneuerbare Energien – aber der Bau von Windrädern in geschützten oder ökologisch wertvollen Wäldern ist nicht akzeptabel und für den Klima- und Artenschutz absolut kontraproduktiv.“

Windkrafträder im Teutoburger Wald: Toxisch für die Biodiversität und Walderholung

Das ausgerufene Ziel von 1.000 neuen Windkrafträdern in Nordrhein-Westfalen könnte voraussichtlich erreicht werden. Das Ministerium für Wirtschaft Industrie Klimaschutz und Energie berechnete zum Stichtag 15.11.2024 einen netto Zubau von 86 Windkrafträdern und eine Genehmigung von 973 Windkrafträdern (noch nicht in Betrieb), berichtete „Der Spiegel“ (Die Blitzableiterin, 4.01.2025, Seite 32-35). Die Crux daran ist, dass 40 % der beantragten Windräder in Gebieten liegen, die dafür vom Regionalplan nicht vorgesehen sind.

Ministerin Mona Neubaur wollte deshalb den Behörden erlauben, die Genehmigungsverfahren für solche Anträge auszusetzen, um einen Wildwuchs zu vermeiden. Dieses Ansinnen wurde vom Oberverwaltungsgericht in Münster im September 2024 gekippt, da es voraussichtlich rechtswidrig sei. Eine Misere, die ein Vakuum und Streitigkeiten entstehen lässt.

Die Standortfrage für Windkrafträder hat der Regionalplan OWL klar formuliert und festgelegt. Ausgenommen wurden Bereiche im Teutoburger Wald, Gauseköte, Silberbachtal und Hohlsteinhöhle aus guten Gründen. Hier befinden sich für Deutschland einzigartige Biodiversitätshotspotts nach Angaben vom Bundesamt für Naturschutz sowie Naturschutz- und Trinkwasserschutzgebiete.

Der Landesverband Lippe und Stephan Prinz zur Lippe besitzen in diesen Regionen Waldflächen. Deshalb möchten sie gemeinsam mit Windkraftinvestoren, u.a. Städtische Werke Aktiengesellschaft Kassel, Windindustrieanlagen auf den Höhenzügen errichten. Derzeit sind 33 Anlagen mit einer Höhe von 263 Metern bzw. 247 Metern geplant. Um derartig große Anlage stabil bauen und warten zu können ist das Einbringen von großen Betonmassen notwendig, wie oben beschrieben, sowie das Fällen von Bäumen zum Bau der Anlagen und Wege. Kulturlandschaften und Lebensräume von geschützten Tierarten werden zerstört.

Vorbescheiden nicht zustimmen, Gesetzeslücken schließen

Private Investoren versuchen die entstandene Gesetzeslücke zu nutzen, gegen den Willen des Stadtrates Horn-Bad Meinberg (einstimmiger Beschluss gegen die Windkraftanlagen), gegen das Votum vieler Bürgerinnen und Bürger in Lippe und deutschlandweit, wie Bürgerveranstaltungen in der Region und die Online-Petition zeigen (https://www.openpetition.de/petition/statistik/keine-windkraftanlagen-in-den-waeldern-des-naturparks-eggegebirge-teutoburger-wald-2#petition-main).

Sie negieren mit solchen Plänen schützenswerte und bedeutende Natur- und Kulturregionen, wie Velmerstod, Silberbachtal, Holsteinhöhle, Externsteine, Hermannsdenkmal, Adlerwarte Berlebeck, die von mehrfach ausgezeichneten Wanderwegen durchzogen sind, unersetzlich für den naturnahen Tourismus.

Die Anstrengungen von den Städten und Kommunen den naturnahen Tourismus der Region weiter zu fördern würden beim Bau der Anlagen konterkariert. Das Staatsbad Bad Meinberg und Luftkurorte wie Holzhausen-Externsteine und Hiddesen sind auf die Natur angewiesen, um als Bäder und Luftkurorte gelten zu können und um Touristen anzuziehen. Das Silberbachtal und der Teutoburger Wald sind wichtige touristische Ziele in Lippe besonders aufgrund ihrer prämierten Wanderwege. Wer will hier wandern, wenn der Wald durch Windkraftanlagen und durch Beton zerstückelt wurde? Naturerlebnisse und Erholung würden die derzeitigen Windkraftpläne verunmöglicht. Die Regionalkonferenz Detmold hat geeignete Flächen für Windkraftanlagen ermittelt. Hieran sollten sich Investoren wie Waldbesitzer halten.

Das Netzwerk LIPPE ökoLOGISCH fordert den Kreis Lippe auf die beantragten Vorbescheide für den Bau der 33 Windkraftanlagen nicht zu zustimmen. Die Bezirksregierung Detmold bitten wir die Regionalplanziele bezüglich des Windkraftausbaus umzusetzen. Die Bundesregierung möge die entstandene Gesetzeslücke schießen und schnell ein Gesetz erlassen, das klare Regeln für Windkraftanlagen beinhaltet und ausschließlich gewinnorientierte Ansinnen ohne Rücksichtnahme auf Naturbelange von Landbesitzern sowie Investoren unterbindet.

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