Gekürzte Fassung – die vollständige Antwort von Jens Gnisa könnt Ihr hier als PDF aufrufen.
Frage: Wie nehmen Sie selbst den Klimawandel in Lippe und in Deutschland wahr?
Antwort: Der Klimawandel ist unbestreitbar und unübersehbar. Als Eigentümer eines kleinen Waldstücks, versuche ich klimafesten Wald anzulegen, z.B. mit Walnuss oder Elsbeeren. Dieses Waldstück ist mit 50jährigen Buchen bewachsen, die erhebliche Schäden zeigen. Ein Blick in ganz Lippe bestätigt dies, z.B. abgestorbene Fichten im Eggegebirge oder im Lemgoer Stadtwald.
Frage: Glauben Sie, dass einige Kipppunkte im Klimasystem bereits überschritten wurden?
Antwort: Wir erleben eine historische Veränderung. Ich bin optimistisch, dass wir die Entwicklungen zumindest eingrenzen können, wenn wir die richtigen Maßnahmen ergreifen.
Frage: Die lippischen Wälder sind schwerkrank, Laubwälder vertrocknen, Nadelwälder sind abgestorben. Die Verluste für Waldbesitzer, Kommunen, den Landesverband sind immens.
Können Sie in etwa die Verluste in den lippischen Wäldern in Hektar, Festmeter und Euro beziffern?
Antwort: Die wirtschaftlichen Folgen sind immens. Frau Ministerin Heinen-Esser, Staatssekretär Heinrich Bottermann und zahlreiche Waldbauern informierten mich u.a. darüber. Die Waldbauern haben große Schwierigkeiten. Der Holzmarkt ist übersättigt, der Preis ist auf 1/3 zurückgegangen. Hilfsprogramme vom Land NRW und dem Bund sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Es muss darum gehen, klimafeste Wälder wieder aufzuforsten. Die bürokratischen Hürden für Unterstützungsprogramme sind sehr hoch. Das konnten wir Staatssekretär Bottermann bei einem Treffen nahe bringen. Ich stehe für eine Wiederaufforstung mit klimarestistenteren Baumsorten.
Frage: Drei Dürrejahre in Folge verunsichern Landwirt innen, verursachen sogar auf den schweren lippischen Böden Missernten. Der Klimawandel gefährdet die Ernährungssicherheit. Die Biodiversität sowie die bäuerliche Landwirtschaft in Lippe sind bedroht. Bis zu welchem Jahr wollen Sie den Kreis Lippe klimaneutral machen?
Antwort: Das Klimaphänomen muss weltweit gedacht werden. Es nutzt nichts, in Deutschland Insellösungen zu schaffen. Von uns entwickelte Technik muss besser sein, dass es auch aus ökonomischen Gründen Sinn macht, diese Technik einzusetzen. Hier müssen wir Innovationen fördern, etwa im Energiebereich. Lippe ist Wasserstoffmodellregion. Das Innovationszentrum Gut Wendlinghausen muss mehr gefördert werden. Mein Ziel ist es u.a. unsere Biogasanlagen zu fördern. Wasserstoff ist eine Variante, auch aus Erdgas kann Biogas gewonnen werden. Der Absatz von Biogasanlagen könnte dadurch gesichert werden. In den lippischen Bussen könnte auch Erdgas eingesetzt werden. Biogasanlagen mit weniger Mais und mehr Energiegewinnung aus Blühstreifen-Pflanzen gehört zu meinen Zielen. Windenergie aus Vertikalanlagen oder aus Flusskraftturbinen, gehören gefördert. Bei dem Verkehr setze ich auf den Ausbau der Bahn als Rückgrat des ÖPNV und günstigere und enger getackten Busverbindungen. Beim Hausbau möchte ich die Holzrahmenbauweise fördern, da sie das CO2 besser binden, als das Verbrennen von Holz.
Ich möchte Klimaneutralität so schnell wie möglich erreichen und mich selbst daran messen lassen, nicht aber Verantwortung in die Zukunft abschieben.
Frage: Werden Sie die bisherigen Aktivitäten des Kreises für den Klimaschutz (Masterplan, Klimapakt) verstetigen und intensivieren?
Antwort: Ja. Dieser Plan stammt aus der Zeit von Landrat Friedel Heuwinkel und ist eng mit der CDU verbunden. Nach meinem Eindruck wurde mit dem Ende des Masterplans im Juni 2020 die Sache nicht mit Nachdruck verfolgt. Als Landrat werde ich mich persönlich dafür einsetzen und an den Ergebnissen messen lassen.
Frage: Wie wollen Sie regionale Erzeugung und Vermarktung zur Stärkung der heimischen Landwirtschaft fördern?
Antwort: Regionale Lebensmittel sind positiv: Sie erzeugen weniger CO2, sind gesünder und die Wortschöpfung verbleibt in Lippe. Deshalb werde ich die Direktvermarktung fördern, z.B. durch eine in Lemgo vorgeschlagene neue Markthalle, einem Abendmarktes in Detmold, Verkauf von mehr regionalen Produkte in herkömmlichen Lebensmittelläden, und derzeit vorhandene Strukturen bewahren. Immer höhere Auflagen können fast nur noch von industriell produzierenden Betrieben eingehalten werden. Aus dem Fall Tönnies sollten wir lernen und Auflagen mit Augenmaß umsetzen.
Frage: Wie wollen Sie den Wandel zu deutlich mehr ÖPNV und Radverkehr in Lippe fördern?
Antwort: Ich bin passionierter Bahnfahrer. Allerdings brauchen wir eine Pünktlichkeitsoffensive, der Netzausbau muss vorangetrieben werden (Elektrifizierung zwischen Lage und Bielefeld, Taktverdichtung auf den Strecken Lemgo – Bielefeld und Altenbeken Herford). Bahnhöfe wie Himmighausen und Remmighausen wieder eröffnen. Ich möchte eine starke Bahn als Rückgrat des ÖPNV. Daneben ist der Busverkehr zu verbessern, derzeit ist er zu teuer. Ich plädiere für einen Tarif, der die Entfernung zu Grunde legt. Der Radverkehr ist erfreulicherweisestark angestiegen. Das Radwegenetz muss geschlossen, der Fahrradverkehr als grundsätzlich gleichwertiger Verkehr anerkannt werden.
Frage: Wollen Sie den Flughafen Paderborn mit weiteren Steuergeldern aus Lippe unterstützen, obwohl das Fliegen extrem klimabelastend ist und mehrere Flughäfen von Lippe aus sehr gut per Zug zu erreichen sind?
Antwort: Der zuständige Ausschuss hat beschlossen, die Anteile Lippes abzugeben und den Zuschussvertrag zu kündigen. Daran werde ich mich halten. Wir müssen andere Verkehrsträger – vor allem die Bahn – ausbauen, dass ein Flug gar nicht lohnt. Weiterhin müssen wir durch eine Digitalisierung Lippes den Flugverkehr zu Meetings überflüssig machen. Seit Corona haben viele Unternehmen auf Online-Konferenzen zurückgegriffen. Die Digitalisierung ist eine große Chance überflüssigen Flugverkehr zu vermeiden. Wir sollten sie entschlossen nutzen.
Frage: Sind Sie bereit ein Programm aufzulegen zum Erhalt des Kulturgutes unserer lippischen Straßenbaumreihen und Alleen, um diese innerhalb von 5 Jahren zu ergänzen?
Antwort: Alleen schaffen eine lebenswerte Umwelt, spenden Schatten und binden CO2. In Lippe gibt es gute Beispiele wunderbarer Alleen, die auch neu aufgebaut wurden, etwa in der Fürstenallee in Schlangen. Dies können wir gern gemeinsam fortschreiben.
Frage: Werden Sie sich für ein 1,5 Grad Gesetz einsetzen, mit dem Ziel den Klimavertrag von Paris umzusetzen?
Antwort: Die Bundesrepublik Deutschland hat sich entsprechend verpflichtet. Der Kreis Lippe wird sich in die internationalen Ziele einordnen. Den Vorteil eines weiteren Gesetzes vermag ich nicht zu sehen.
Frage: Aktuell sind wir auf dem Weg zu einer verheerenden Erwärmung von über 3 Grad. Der Klimawandel bedroht nicht nur Land und Forstwirtschaft sondern die gesamte Wirtschaft.
Werden Sie, wie in der Corona Pandemie, nun auch der Klimakrise höchste Priorität einräumen, zum Schutz unserer Lebensgrundlagen?
Antwort: Das Klima hat eine besonders hohe Priorität. Stets ist es jedoch – dies schreibt unser Grundgesetz vor – geboten andere Rechtsgüter nicht aus dem Blick geraten zu lassen. Der Wunsch nach absolutem Vorrang ist verständlich. Er kann aber aus Rechtsgründen nicht immer gewährleistet werden. Trotzdem bin ich optimistisch, dass wir unsere Klimaziele erreichen. Dies geht nur mit einer starken Wirtschaft und Gesellschaft, die auf Innovation setzt.
Gekürzte Fassung – die vollständige Antwort von Jens Gnisa könnt Ihr hier als PDF aufrufen.